Ansichten von Pastor Krebber

Andacht ĂĽber „Ă„lteste“ im Gemeindebrief April 2022:

„In jeder Stadt sollen Kirchenälteste eingesetzt werden“ Titusbrief 1, 5

Von Null auf Hundert: Aus dem Stand zum Kirchenvorstand

Jesus selber hielt nicht viel von den „Ältesten“. Stattdessen umgab er sich viel lieber mit JĂĽngern und JĂĽngerinnen. Die „Satzungen der Ă„ltesten“ waren ihm geradezu zuwider, und den Sätzen, die zu „den Alten“ gesagt waren, hielt er schroff entgegen: „Ich aber sage euch…“

Auch der Apostel Paulus interessierte sich mehr für das aktuelle Wehen des Geistes „Das Alte ist vergangen! Siehe, alles ist neu geworden!“.

Aber schon im ersten Jahrhundert greift die junge (!) Kirche zur Einrichtung der „Ältesten“ (Presbyter), um mit ihrer Hilfe die Gemeinden durch unsichere Zeiten zu führen.

Das hohe Ansehen des Amtes in der Gemeindeleitung hat dazu geführt, dass wir bis heute keinen besseren Titel gefunden haben. Es klingt nicht glücklich, wenn wir auf der Suche nach neuen Verantwortlichen fragen (müssen): „Wollen Sie bei uns Älteste werden? Wir könnten Sie gut gebrauchen im Kreis der Kirchenältesten.“ Insbesondere die Damen in der Gemeinde fühlen sich davon nicht geschmeichelt.

FĂĽr die Barmer Theologische Erklärung hat die Ordnung der Kirche eine fundamentale Bedeutung. In These 3 heiĂźt es: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dĂĽrfe die Kirche die Gestalt … ihrer Ordnung ihrem Belieben…ĂĽberlassen.“. Bis heute haben wir uns nicht daran gewagt, diesen alt-ehrwĂĽrdigen Titel „Älteste“ oder „Presbyter“ durch ein Wort zu ersetzen, das dem Wechsel unserer weltanschaulichen Ăśberzeugung entspräche.

Aber: Andere Gewohnheiten rund um die Ă„ltesten haben sich durchaus geändert. Die traditionelle Vorstellung ging ja davon aus, dass die Ă„ltesten gefunden wurden „in der Mitte der Gemeinde“, oder gar in der Mitte der versammelten gottesdienstlichen Gemeinde. Auf der Suche nach neuen Ă„ltesten geht man heute andere Wege. Weder besondere Kenntnisse noch eingeĂĽbte Verhaltensweisen sind Voraussetzung fĂĽr die Mitwirkung. Man sagt einmal „Ja!“ – und ist sofort mittendrin. Umringt von einer FĂĽlle von Fragen, die man sich vorher nie stellte, steht man plötzlich vorne: Als Mitgestalter des Gottesdienstes haben unsere Ă„lteste die Aufgabe, die Gemeinde zu begrĂĽĂźen und laut aus der Bibel vorzulesen, was sie vorher vielleicht noch nie getan haben. Plötzlich tragen sie viel Verantwortung, sei es in baulicher Hinsicht oder in finanzieller. Plötzlich die Einsicht in Personalakten und die Verantwortung, Menschen in der Mitarbeit einzustellen, einzuschätzen oder einzustufen.

In unserer Landeskirche fängt man früh an, Ältester zu werden. Das geht los mit 18, aber das hört auch bald auf: Mit 75 Jahren ist Schluss. Die Zeit dazwischen ist gestaffelt in Amtsperioden á 4 Jahren. Die verantwortungsvolle Aufgabe erlischt jeweils nach dieser Frist. Allerdings ist allen erlaubt, wieder neu zu starten und ein neues Versprechen abzulegen. Das unterscheidet die Ältesten von den Pastorinnen und Pastoren, die nur einmal in die Gemeinde berufen werden für ihre gesamte Dienstzeit. So ergibt sich für Lippe dieses Bild, dass die Pastorinnen und Pastoren das „bleibende“ Element in den Vorständen bilden, die Ältesten hingegen „kommen und gehen“. Dabei treten diese Menschen wieder zurück in den Kreis der ganz normalen Gemeindeglieder. Die Chance besteht, dass sie auch weiterhin auskunftsfähig bleiben für Nachbarn und Arbeitskollegen über die Arbeit, die sie in ihrer Amtszeit verantworteten.

Viele Älteste verlassen nach verhältnismäßig kurzer Frist wieder dies Gremium der Gemeindeleitung, mitunter, ohne die ersten vier Jahre voll durchzuhalten. Zunehmend stellt sich die Frage: Was kommt „danach“? Was nehmen die Menschen mit in die Jahre, da sie ihr Amt wieder niedergelegt haben? Was bleibt von der Verantwortung im Vorstand und von dem Vorstehen im Gottesdienst? Oft genug ist der Platz danach wieder frei: In der Kirche und im Kirchenvorstand. Ein Gespräch mit ehemaligen Ältesten könnte diese Frage sicher auf manche Weise beleuchten, und vielleicht sogar beantworten.

Einstweilen sende ich freundliche Grüße an alle Älteren und berufene Älteste, sowie an die Jüngeren und auserwählte Jüngerinnen und Jünger Jesu. In Seinem Namen für den Frieden zu wirken, das ist der alte und neue Auftrag für die ganze Kirche in allen ihren Gremien.

Ihr

Burkhard Krebber

 

Pfingstliches zur Kirche:

Sie lebt, sie lebt!

Zu Ostern wird das lippische Lied zur Auferstehung gesungen: „Er lebt, er lebt!“ Mancher mag die triumphierenden Töne noch im Ohr haben. Zu Pfingsten gibt es Gelegenheit, das Leben der Lippischen Landeskirche zu betrachten. Und auch von ihr gilt, bis heute: Sie lebt! Fern von allem Triumphalismus, fern von den großen Machtzentren der Gesellschaft, fern von allen Autobahnen mache ich mir mitunter meine Gedanken über das, was lebt in unserer Kirche. Soweit ich meine Gemeinde kenne und das Leben der Nachbargemeinden, zeichnet es sich aus durch eine Bescheidenheit. Ich staune über die Bereitschaft vieler Gemeindeglieder, die sich „zur Kirche“ halten, auch wenn sie nicht das große Spektakel bietet. Menschen halten sich zur Gemeinde und sind zufrieden, wenn sie sich auf den Betrieb verlassen können. So wie sich die Dörfer in die liebliche lippische Landschaft einschmiegen, so stehen die Kirchen eingebunden in die lippischen Dörfer, so ist es weithin eine Selbstverständlichkeit, dass das Gemeindeleben „vor Ort“ stattfindet. Dabei leben unsere Gemeinden von einer großen Errungenschaft der reformierten Tradition: Die Kirchenvorstände tragen viel Verantwortung für das Ergehen an der Basis. Das Bild einer „Kirche von unten“ scheint mir angemessen. Natürlich lebt jede Gemeinde aus der Kraft „von oben“, aus dem Heiligen Geist. Aber der will eben „unten“ ankommen, bei den Menschen in der Nachbarschaft. Und dieser Geist sucht unter Nachbarn nach Menschen, die sich begeistern lassen, die sich bereit finden zum Engagement und die sich einsetzen zum Wohle ihrer Gemeinde. Das reformierte Erbe spricht diesem Einsatz sehr viel Kompetenz zu. Aus dem Hören von Gottes Wort erwachsen Mut und Tatkraft, dieses Wort auch zu leben. Und so wird die Kirche geleitet in vielen Kirchenvorständen landauf, landab. Dafür bin ich den Reformierten dankbar.

Aber nach meiner Einschätzung ist damit das reformierte Erbe in Lippe auch schon weitestgehend beschrieben. NatĂĽrlich, da ist auch noch der Heidelberger Katechismus, der ĂĽber Generationen in vielen lippischen Häusern zu Hause war. Er sorgte fĂĽr eine Auskunftsfähigkeit des Glaubens bei den unterschiedlichsten Menschen in allen „Ständen“. Doch schon zu seiner Entstehungszeit war ihm daran gelegen, das Evangelische zu benennen und die Gräben zwischen Reformiert und Lutherisch zu ĂĽberwinden. Abgesehen davon findet sich nach meiner Einschätzung nur sehr wenig in Lippe, was als „echt reformiert“ gelten kann. Gern wird auf die Bilderlosigkeit in unseren Kirchen verwiesen. Sie scheint mir im Lippe aber kein echtes „Programm“ zu sein, sondern eher eine Form des sparsamen Haushaltens. FĂĽr teure Bilder hatten man einfach kein Geld. Lippe ist nicht ZĂĽrich, Lippe ist nicht Genf. Lippe liegt nicht in den Niederlanden, wo Graf Simon VI eine blĂĽhende reformierte Landschaft kennen gelernt hat. Dort haben die reformierten Maler Rubens und Rembrandt die phantastischsten Bildwerke zu biblischen Szenen geschaffen. Den Calvinismus konnte Simon VI. in seiner Heimat nicht eins zu eins umsetzen. Stattdessen hat sich eine lippische Kirche entwickelt, die man mit Fug und Recht „evangelisch“ nennen darf. Ich erkenne keinen Grund, dass sich Lutheraner von dieser Tradition abheben oder absetzen mĂĽssten. Schon gar nicht innerhalb derselben Landeskirche. Das seltsame Beharren auf „reformiert“ bzw. „lutherisch“ mag, von oben betrachtet, einen schillernden Reiz entwickeln. Und nach auĂźen hin können wir erst recht punkten mit dieser „Eigenart“ innerhalb einer Kirche. Es sind trotz aller SparmaĂźnahmen auch immer noch Ressourcen frei, um unsere „Lippische Stimme“ im Konzert der Ă–kumene erklingen zu lassen. An der Basis jedoch finde ich nichts, was die Freude am „Evangelischen“ ĂĽberbietet. Im Gegenteil. Die Gemeindeglieder haben wenig Interesse am Ausdifferenzieren von theologischen Spitzfindigkeiten vergangener Jahrhunderte. Sie fragen nach dem Leben und Ăśberleben der Kirche. Sie sind bereit zum Engagement in einer Kirche, die sie kennen, und mit der sie sich identifizieren können. Kirche lebt im Wandel. „Semper reformanda“ – so haben wir das Kirchen-Programm in unsere Glocke gieĂźen lassen. In Zukunft sind wir gut beraten, die „unterste Ebene“ der Gemeinde-Wirklichkeit im Blick zu behalten. SchlieĂźlich sind wir stolz darauf, in einer Kirche zu leben, die sich „von unten“ aufbaut. Wohin wir uns wandeln, wenn der Heilige Geist uns „von oben“ erreicht, und was wir als Ballast abwerfen werden, das bleibt eine spannende Frage – weit ĂĽber Pfingsten hinaus.

Burkhard Krebber

Abendliche Gedanken beim (Corona-) Glockenläuten

Die Detmolder Innenstadt ist groß genug, dass die Augen nicht überall hinschauen können. Aber die Stadt ist auch klein genug, dass die Ohren sehr viel aus der City hören können.

In diesen Tagen denke ich oft über das Hören der Kirchenglocken nach. Mir scheint, ich selber bin aufmerksamer geworden, so dass mir das Geläut der Glocken öfter auffällt als früher. Ganz sicher geht es auch anderen Menschen so. Mehrmals bin ich auf das Läuten abends um halb acht angesprochen worden. Von verschiedenen Seiten wurde der Dank geäußert, dass dieses Corona-Läuten immer noch erklingt, und dass es Abend für Abend an die Menschen erinnert, die unter der Pandemie zu leiden haben.

Etwas verschämt nahm ich den Dank entgegen. Nicht jedesmal habe ich ausgeholt zur Richtigstellung; die hole ich hier aber gerne nach: Seit Pfingsten haben die allermeisten Kirchenglocken das Corona-Läuten beendet. Es sind einzig noch zwei Glocken vom Turm der Christuskirche am Kaiser-Wilhelm-Platz, die zu diesem Gedenken aufrufen. Aber sie tun es so eindrĂĽcklich und weithin hörbar, dass es immer noch als allgemeines Glockengeläut – mit dieser speziellen Botschaft! – wahrgenommen wird. Stellvertretend leisten die Glocken also einen besonderen Dienst. Aufmerksame Hörer gibt es quer durch die ganze Innenstadt. Sie nehmen daran Anteil.

Am Rande sei erwähnt, dass das Geläut vom Kirchturm schon immer mit speziellen Botschaften verbunden war. Theodor Fontane hat es in die schöne Zeile gefasst: „Da stopfte, wenn´s „Mittag“ vom Turme scholl, der von Ribbeck sich beide Taschen voll“. Heute gibt es zwischen den Detmolder Innenstadtgemeinden eine gewisse Aufteilung. Abgesehen von den Uhren im Schloss, die alle Viertelstunde schlagen, und abgesehen von dem Westminsterschlag der Christuskirche, beginnt der Tag mit einem kurzen Morgengeläut um 7 Uhr  aus der Erlöserkirche am Markt.

Zur Mittagszeit erschallt eine Glocke vom Turm der Lutherkirche. Schlag 12 ruft auch die katholische Kirche am Schubertplatz mit dem „Angelus-Läuten“ zum Mittagsgebet. Zum Abendgebet lädt wieder eine Glocke aus der SchĂĽlerstraĂźe. Diese herkömmlichen Läutezeiten sind so selbstverständlich geworden, dass sie kaum jemand mehr wahrnimmt. Anders aber ist es nun um halb acht. Matthias Claudius wird aktuell mit der letzten Strophe seines berĂĽhmten Abendlieds: „…Gott lass uns ruhig schlafen – und unsern kranken Nachbarn auch.“ Die Entwicklung der Corona-Zahlen lässt befĂĽrchten, dass wir noch lange an die Erkrankten denken mĂĽssen. Aus dem Turm der Christuskirche erhalten wir dazu eine UnterstĂĽtzung.

22.8.2020, Burkhard Krebber

Sonntag, 19. Juli 2020:

Gut vier Monate ist es nun her, dass uns in Deutschland die Covid-19- Pandemie „befallen“ hat. Als spontane Rekation habe ich diese Sparte eröffnet, um – anfangs täglich – Gedanken, Berichte und Meditationen zu veröffentlichen.

Als ein umfangreiches Kontaktverbot ausgerufen wurde und der normale Alltag zum Stillstand kam, da erschien es erstrebenswert, auch diesen „Kanal“ zur Kommunikation zu nutzen. Mittlerweile aber ist der Ausnahmezustand weitgehend sommerlicher Entspanntheit gewichen. Die Zahl täglicher Neuinfektionen erscheint mit diesen wenigen Fällen in Lippe kontrollierbar, das individuelle Risiko minimal. Ich selber habe einen unbeschwerten und fast unbeschränkten Urlaub im Ausland verbringen können. Trotz des jähen Schreckens über den Shutdown in Gütersloh sind jetzt schon wieder viele Menschen versucht, die Pandemie nur noch in der Vergangenheit zu sehen.

Weltweit zeigt sich indes ein anderes Bild: Fast 14 Millionen Infizierte werden inzwischen gezählt, die Zahl der Corona-Toten nähert sich den 600 000. Die Vereinigten Staaten erdulden immer neue Rekordzahlen. Brasilien hat bei der Zählung seiner Infizierten die Zwei-Millionen-Marke überschritten, auch in Indien explodieren die Erkrankungen. Die Pandemie ist nach wie vor im Gange, auch wenn es uns hier nicht immer leichtfällt, die Meldungen mit unserer eigenen so ruhig verlaufenden Situation zusammenzubringen. Dankenswerter Weise hatte die Lippische Landeszeitung einen Artikel veröffentlicht über Covid-19 in den Partnerstädten von Detmold. Allein schon dorthin zu schauen belegt, dass wir nach wie vor von einer großen Gefahr umgeben sind, die beileibe nicht kleingeredet werden darf. Beispiele in aller Welt zeigen, wie präsent die Gefahr neuer Ansteckungswellen ist; auch dann, wenn unsere Risikowahrnehmung ermüdet ist und wenn wir die immer neuen Zahlen und Covid-19-Fakten schon nicht mehr hören wollen.

Aber Achtung: Das Virus kümmert sich nicht um unsere Ermüdung. Seine ungebremste Ausbreitung demonstriert das in aller Deutlichkeit. Je länger es wütet, desto klarer wird zudem, welch dramatische Wirkung es im menschlichen Körper, selbst ohne Todesfolge, entfalten kann. Der Kampf gegen die Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Umso verantwortungsbewusster sollten wir die sommerliche Ruhe in Detmold genießen. Die Zahl meiner Beiträge zum Thema wird vorerst nicht wachsen. Doch aufmerksam sollten wir alle bleiben, in unseren Gedanken, Worten und Werken, die beweisen: Wir stehen zusammen, und wir stehen es zusammen durch.

 

Sonntag, 10. Mai 2020, Burkhard Krebber:

Auf unserer Homepage hatte ich vor Ostern geschrieben über das überaus rasche Hinunterfahren von allen kirchlichen Aktivitäten. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass so protest-los auf alles verzichtet werden würde, was „Kirche“ betrifft. Ich beklagte, dass wir Pastoren offensichtlich nicht „system-relevant“ sind. An diesem Stichwort entzündete sich ein Leserbrief, dessen Inhalt ich an dieser Stelle weitergebe. Es ist ein Zwischenruf über den Sinn der Anwesenheit von Kirche, Pastor und Predigt. Der Autor ist mir persönlich bekannt. Er schreibt mir:

„ Wenn ich das richtig sehe, bist du Vertreter und, ja in gewisser Weise auch Produzent von Produkten wie Glaube, Hoffnung, Liebe, Erlösung.
So, du glaubst also im Ernst, dass du mit deinen Produkten in der NOT mit Produkten wie Autos, Nudeln, Konserven, Tütensuppen oder sogar Klopapier auf eine Stufe gestellt gehörst?

Da lachen doch alle Hühner! Macht uns das satt? Können wir uns damit den Hintern abwischen. Naaheiin!!

Was sagst du ?: „Der Mensch lebt nicht von Brot allein!“ Ach lieber Freund,, du musst noch viel lernen…. Nein, er lebt natĂĽrlich nicht von Brot allein. Nach einer Weile braucht er einen Drink (Woody Allen).

Und glaubst du wirklich, dass du auf eine Stufe gehörst mit einem Feuerwehrmann, einem Friseur oder gar mit einem Amazonboten, der mir wacker die Tütensuppe und das Klopapier bis an die Tür bringt?? Wohl kaum, oder?

Na , da komm doch mal vorbei,  deinen Bauchladen umgehängt, voll mit Glaube, Liebe, Hoffnung, Erlösung, bei den Damen und Herren Politikern oder bei uns Bürgerinnen und Bürgern draußen im Lande! Und vergiss die Maske nicht.

Ach mein Freund, ihr oder diese schrägen Typen von Kunst und Kultur. Was glaubst du, wer ihr seid? Wer braucht das, wenn die Not groß ist?  Sieh  bitte ein: Wichtig ist doch, dass möglichst bald in vollem Umfang die Autoproduktion wieder anläuft, Fitnessstudios wieder aufmachen und Nagelstudios und Pommesbuden, aber doch nicht die Produktionsstätten von Liebe, Kunst, Kultur.
Hier mein Rat: Einige Virologen sagen ja,  die Lockerungen kommen zu früh, gehen zu weit, es wird zurückkommen und dann um so heftiger. Also: Bunker Klopapier und Tütensuppen tonnenweise in der Kirche, im Gemeindehaus. Und dann organisierst du einen Schalterverkauf und bleibst so im Kontakt mit den Menschen…“

Ein leichter ironischer Unterton ist diesem Text nicht abzusprechen. In seiner Übertreibung hat er dann auch etwas Tröstliches. Kurzum: Der Text hat mich so getroffen, dass ich mich für seine Veröffentlichung stark mache und nicht wage, in seinen Duktus einzugreifen, auch wenn ich hier und da Glättungen gerne vorgenommen hätte.

Burkhard Krebber

Montag, 6.4.2020 (Burkhard Krebber):

Flötentöne sind zu hören, wenn man die „richtigen Ohren“ hat.

Seit Palmsonntag hängt ein eigenartiger „Osterweg“ in den Fenstern unseres Gemeindehauses am Markt. Zwölf ausgesuchte Motive des süddeutschen Künstlers Sieger Köhler stellen Stationen der Passion Christi dar. Daneben stehen zwölf Bibel-Texte und Betrachtungen zum Leidensweg Jesu.

(Rechte: Sieger Köder, 12 Bilder aus: Bensberger Kreuzweg © Sieger Köder-Stiftung Kunst und Bibel, Ellwangen
www.verlagsgruppe-patmos.de/rights/abdrucke)

Wer Zeit hat, und wer technisch am Mobiltelefon ausgerüstet ist, kann dazu Musik aufrufen: Flötenmusik, die aus dem reichen Schatz unseres Gesangbuches zitiert. Hier sind die Titel zu lesen;  am Markt sind sie zu hören:

0. EinfĂĽhrung: eg 66 Jesus ist kommen

1. Improvisation mit Dissonanzen

2. eg 190.2 Christe, du Lamm Gottes

3. eg 85 O Haupt voll Blut und Wunden

4. eg 361 Befiehl du deine Wege

5. eg 154 Herr, mach uns stark

6. eg 353 Jesus nimmt die SĂĽnder an

7. eg 299 Aus tiefer Not

8. eg 221 Das sollt ihr, Jesu JĂĽnger

9. eg 379 Gott wohnt in einem Lichte

10. eg 165 Gott ist gegenwärtig

11. eg 401 Liebe, die du mich zum Bilde

12. eg 99 Christ ist erstanden

5. April 2020, Sonntag vor Ostern (Burkhard Krebber):

Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche, oder die „stille“ Woche. Er erinnert an Jesu Weg in die Heilige Stadt. Jahrelang hatte er gewirkt mit Wort und Tat, hauptsächlich in Galiläa, am See Genezareth. Über Jericho war er nach Jerusalem gekommen, zur Metropole, wo man ihm einen begeisterten Empfang bereitet hat: „Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, Hosianna!“. So hallte es in allen Straßen und Gassen. Sehr bald danach hatte dieselbe Menge dann geschrien: „Kreuzige ihn!“. War das die Stadt, wo Jesus sich zuhause gefühlt hat? Den Tempel sah er als Vaterhaus an. Dort sollte der himmlische Vater aller Menschenkinder verehrt werden! Aber ausgerechnet von dort schlug ihm ein eisiger Wind entgegen von Verachtung und Widerstand.

Auch in unserer kleinen Residenz gibt es viele Menschen, die von außen kommen, die hier Heimat suchen. Wie wird ihnen begegnet? Wie fremd müssen sie sich fühlen? Wieviel „Willkommen“ wird ihnen bereitet. Und welcher Geist strömt von unseren Gemeinden aus? Welche Botschaft vermitteln die Kirchen unserer Stadt, wenn sie weitestgehend geschlossen sind und keine Gottesdienste bieten?

Die „stille“ Woche wird uns Gelegenheit geben, darüber nachzudenken.

 

4.4.2020, Samstag vor den Osterferien (Burkhard Krebber):

Was werden das für Ferien sein, die unsere Kinder nun „feiern“ dürfen? Seit Kriegsende vor 75 Jahren hat es solche Schulverhältnisse nicht mehr gegeben! Lang ersehnte Ferien sind plötzlich gar keine. Und die Ferienfreuden fallen diesmal aus. Die einen hatten gehofft, nochmal in den Schnee zu kommen, die anderen freuten sich schon auf wärmere Tage im Süden. Nun gilt für alle und für alles: Ausgefallen! Eine Bescheidenheit ist jetzt angesagt, wie sie schon lange nicht mehr geübt wurde. Ich denke an meine Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie hatten erzählt von ihren Planungen. Darum tut es mir leid. Wie wird es den vielen anderen Familien ergehen, deren Kinder in unseren KiTas sind? Wie werden die Schülerinnen und Schüler ihre Zeit füllen? Da ist viel Kreativität gefragt. Vielleicht kennen noch die Großeltern Spiele für den Zeitvertreib, die noch einmal in Mode kommen könnten.

So sehr Corona unser Umfeld belastet – wenn ich an die Umwelt denke, hoffe ich auf Ent-Lastung für sie: Flugzeuge, die nicht die Luft verpesten; Autos, die nicht die Straßen verstopfen; keine Kurzreisen in die Metropolen. Keine Kreuzfahrtschiffe in unseren Häfen! Ob dies alles der Natur eine Gelegenheit verschafft zum Verschnaufen? Vielleicht kann dieser Gedanke das Herz der Reiselustigen trösten: Einmal zuhause bleiben, das hat auch sein Gutes. Unser ökologischer Fußabdruck erhält eine freundliche Nuance.

 

Freitag, 3. April (Burkhard Krebber):

Wieder steht ein Wochenende an; und ein Rückblick auf eine „ausgefallene“ Woche im Gemeindeleben. Meine Hausbesuche sind gänzlich zum Erliegen gekommen. Aber ich habe telefoniert! Und sämtliche Anrufe wurden mit Dankbarkeit quittiert. Jeder Angerufene hatte Gelegenheit, die eigene Lage darzustellen. Und ich hatte Gelegenheit, auf eine besondere Aktion hinzuweisen: Das Läuten der Glocken am Abend. Nicht jeder hatte bislang darauf geachtet, aber alle haben es verstanden: Im Hören wird eine geistliche Gemeinschaft erfahrbar. „Jetzt“ ist der Zeitpunkt, da weiß ich: Es wird gebetet in den Häusern. „Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott, erhör mein Rufen“. Mag sein, dass man betet mit diesen Worten aus dem Luther-Lied, oder wir sprechen andere Gebete der Fürbitte für die Betroffenen der Corona-Krise.

Die Glocken helfen: Sie nennen die Zeit; sie erinnern an das Anliegen; sie laden ein zur Mitwirkung im Privaten. Ich werde weiter telefonieren und auf diese Einrichtung hinweisen. Sie lassen eine alte Tradition wiederentdecken und in der Not einen Trost empfangen, an den wir neulich noch gar nicht gedacht hatten.

2. April, Donnerstag (Burkhard Krebber):
Corona und Beerdigung

Irgendwann ist es soweit: Beisetzungen finden statt unter den Bedingungen der Corona-Epidemie. Heute werde ich meine erste halten. Ohne Kirche und Kapelle, ohne Orgelbegleitung und ohne die Anwesenheit einer größeren Trauergemeinde. Schlicht wird es sein, und karg. Nur die engsten Angehörigen werden am offenen Grab stehen, unter offenem Himmel. Alles wird kurz. Die vertrauten liturgischen Texte und Lieder… – wir werden uns auf das „Nötigste“ beschränken. Der Verzicht wird es uns deutlich vor Augen halten: Eine aufmerksam gestaltete Trauerfeier hat etwas Tröstliches. Die Anwesenheit von Nachbarn und Freunden wäre jetzt tröstlich gewesen. Vertraute Lieder spenden Trost. Bekannte Melodien und die Möglichkeit, sich durch Singen zu beteiligen, das ist tröstlich. Sie bilden einen Schatz an Formen des Trostes, und sie sind alte Arten, mit der Trauer umzugehen. Das wird uns fehlen. Was nicht fehlen wird: Die Zusage von Gottes Nähe. Wir mĂĽssen, unter seltsamen Bedingungen, einen Menschen aus unseren Händen entlassen; aber wir vertrauen darauf: Auch dieses Menschenkind bleibt in Ewigkeit in Gottes Hand geborgen.

Nach der Corona-Krise, wenn Gottesdienste wieder möglich sind, werden wir in der ganzen Gemeinde noch mal besonders an diejenigen erinnern, die unter den kärglichen Bedingungen der Epidemie beigesetzt wurden.

 

Dienstag, 31. März (Mareike Lesemann):
„Jene, die fern sind, werden kommen um am Tempel des Herrn zu bauen.“ (Sacharja 6,15) 
Die Tageslosung fĂĽr den heutigen Tag lässt mich in diesen Tagen fragend zurĂĽck – aber auch hoffend. Gerade sind unsere Kirchen und Gemeindehäuser geschlossen, Corona lässt grĂĽĂźen. Ob und wann die Situation sich ändert, ist gerade nicht abzusehen. Wenig bekommt man mit, ob und wer die Arbeit der Kirchengemeinden vermisst. Sind wir wirklich nicht systemrelevant?
Andererseits gibt es gerade in diese Krise, in der wir zum Alleinsein gezwungen sind. Gerade jetzt sehnen wir uns nach Begegnungen, nach Menschen. Dieses Sehnen betrifft nicht nur Christen, sondern alle – auch jene, die fern sind, wie es in der Tageslosung heiĂźt. Ob unsere Kirchen nach dem Shutdown ĂĽbervoll sein werden, wage ich zu bezweifeln. Aber trotzdem freue ich mich jetzt schon auf den ersten Gottesdienst, auf all die Gruppen und Kreise, auf „meine“ Konfirmanden. Ich gebe zu, dass ich die Ruhe momentan auch ein bisschen genieĂźe – und trotzdem gibt es gut zu tun. Unser Projekt Kirche.plus, das einen unerwarteten Kaltstart hingelegt hat, nimmt immer weitere Formen an. Sonntags um 11 Uhr feiert eine Gemeinde, die an diesem Projekt teilnimmt, Gottesdienst und streamt diesen ins Internet. Nächste Woche wird der erste Streaming-Gottesdienst von unserer Gemeinde verantwortet. Die Nervosität deshalb nimmt stetig zu. Zu diesem Gottesdienst kommen vielleicht einige, die sonst fern sind, um an Gottes Tempel zu bauen. Ich freue mich auf jeden Fall ĂĽber diese Möglichkeit, doch gemeinsam Gottesdienst zu feiern – jeder an einem anderen Ort und doch gemeinsam!
Gottes Segen und Gesundheit wĂĽnscht Ihnen und Euch,
Mareike Lesemann

 

30.3. Montagabend (Burkhard Krebber)

FĂĽr diesen Tag“ ist mir nichts eingefallen, aber an diesem Tag ist viel geschehen. In einer Video-Konferenz haben viele lippische Pastoren gelernt, wie wir eigene Filme aufnehmen, um sie als Video-Botschaften unseren Gemeinden zur VerfĂĽgung zu stellen. Pastor Wolfgang Loest, der fĂĽr diese Arbeit in der Landeskirche eingestellt ist, hat aus dem reichen Schatz seines groĂźen Wissens tĂĽchtig ausgeteilt. Ich selber habe im Telefonbuch geblättert und Nummern gesucht, um in der Gemeinde Ferngespräche zu fĂĽhren. Alte Menschen habe ich angerufen, die noch daheim sind.  Am Apparat kam mir mancher Dank entgegen, aber auch der Satz: „Ich habe Angst“. Jetzt gegen die Angst anzugehen und fĂĽr das Gottvertrauen Zeuge zu sein, das habe ich mir vorgenommen. Diese Botschaft möchte ich vermitteln, auf welchen Wegen auch immer.

Darin weiß ich mich verbunden mit vielen anderen. So auch mit unseren Chorleitern der Gemeinde. Sie sind rege in der Pflege ihrer Chorgemeinschaft. Ein Beispiel dafür sind die Rundbriefe, die Herr Pöld regelmäßig veröffentlicht. Seinen Trostbrief von heute empfehle ich der freundlichen Kenntnisnahme.

Burkhard Krebber

 

29. März, ein Sonntag

Dies ist nun der dritte Sonntag, an dem keine Gottesdienste stattfinden. Gleichwohl gehe ich an den Markt und schlieĂźe die TĂĽre auf. Aber: Ohne KĂĽster, ohne Organist und ohne Predigt wird es wieder keinen Gottesdienst geben. Wer zur gewohnten Zeit einen gewohnten Ort in aller Stille aufsuchen will, der darf in die Kirche eintreten. Es gibt Gelegenheit zu Einkehr und Besinnung. An vergangenen Sonntagen, wenn die Sommerzeit eingefĂĽhrt wurde, waren die Besucherzahlen immer etwas kleiner. So erwarte ich auch heute nur wenige.

Über uns Pastoren hat neulich jemand gesagt: „Wir sind nicht system-relevant.“ Das gesellschaftliche Leben geht weiter, auch wenn der Kern der kirchlichen Tätigkeit ausfällt. So müssen wir es wohl sagen, auch wenn es schwer fällt und unserer Selbsteinschätzung strack zuwider ist. Für einen Übergang sind diese Dinge wohl verzichtbar: Die Begegnung, die öffentliche Predigt, der gemeinsame Gesang, die Feier der Sakramente und das Zusammenlegen der Gaben im Opferstock.

Aber am dritten Sonntag dieser Entbehrungszeit drängt sich natürlich die Frage auf: Wie lange? Wie lange wird die Quarantäne dauern? Wie lange das Gottesdienstverbot?

Und: Wie wird es sein, wenn man es langsam wieder lockert? Ob in der Zwischenzeit wohl ein Bedürfnis wächst, wieder Gottesdienste besuchen zu wollen? Wird es vergleichbar sein mit einer Wüstenerfahrung? Wenn der Proviant gering ist, weiß man wieder, den Geschmack von Brot zu schätzen; wenn die Wasserflasche leer ist, wächst die Dankbarkeit über frisches Quellwasser. Und wer weiß? Vielleicht entdecken wir wieder, wie wenig selbstverständlich das scheinbar Selbstverständliche doch ist: Die Freiheit zur Versammlung; die Schönheit der Gottesdienste; die Stärkung des Glaubens und die Dankbarkeit, mit der wir wieder Lieder des Vertrauens anstimmen:

„Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein,

ach wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein! Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht.“

Einen gesegneten Sonntag wĂĽnsche ich Ihnen, und mir.

 

28. März 2020, Samstag

„Schönes Wochenende!“ – So ist es zu hören, auch in diesen Tagen. Schon am Freitag, ja Donnerstag schon kam mir dieser Ruf eintgegen. „Schönes Wochenende“. Und gemeint ist die lange Zeit bis Montag frĂĽh, wenn wieder die Arbeit anbricht. Hinein genommen in das „Schöne Wochenende“ ist alle freie Zeit ab Freitagnachmittag. Und verloren ist längst die alte Erinnerung: Neubeginn der Woche, das war einmal der Sonntag. BegrĂĽndet in den Osterberichten der Bibel, dass Jesus am ersten Tag der neuen Woche auferstanden ist. Ăśber Jahrhunderte war klar: Das Wochenende endet am Samstag, also heute.

Bevor diese Woche zu Ende geht, halte ich RĂĽckschau: „Schön“ war vor allem dieses Wetter, fast durchgängig blauer Himmel und Sonnenschein. Auch das Leben im Pfarrhaus war „schön ruhig“. Zeit fĂĽr Andachten daheim, Anteilnahme am Telefon, Arbeitsplanungen mit langem Atem. Allerdings auch ahnungsvoll: Ist es die Ruhe vor dem Sturm? Die Sorge ist ja nicht verchwunden. Dunkle Wolken hinterm Horizont.

Ich will mich erinnern an den Leit-Tag dieser Woche, und an den Leit-Vers, der ihm beigegeben ist. Der Sonntag zur Mitte der Passionszeit trägt den lateinischen Namen „Laetare“. Er verdankt sich dem Prophetenwort „Freut euch mit Jerusalem“. Und als Wochenspruch ist dieses tiefgrĂĽndige Wort aus Johannes 12 gewählt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ Am Wochenende lässt es sich meditieren, bezogen auf das Leben Jesu,und bezogen auf sein Sterben in der Stadt Jerusalem; aber auch bezogen auf unser Leben hier in der Stadt Detmold. Wir wären allein, nicht nur in unserer Quarantäne, und wir blieben auch allein, wenn Er nicht gestorben wäre. So aber sind wir zu seiner Frucht gezählt, und wir sind aufgerufen, selber Frucht zu bringen. Was ich selber tun kann, was ich der Gemeinde Gutes tun kann, darĂĽber denke ich nach, nachher auf dem Markt und noch im Garten. Es soll ein „Schönes Wochenende“ werden, bis die Glocken schallen, und die neue Woche beginnt.

 

27. März, 2020, Freitag

Heute verteilen wir den verrĂĽcktesten Gemeindebrief meines Lebens:

Die neue Ausgabe läd ein zu den vielfältigen Veranstaltungen im April und im Mai, die (fast) alle NICHT stattfinden. Da können die Leser sich bilden und erfreuen an Themen und Terminen, die wir bis vor Kurzem noch minutiös geplant hatten, deren Umsetzung nun aber nicht stattfindet, aufgrund der Corona-Gefahren.

Stattdessen herrscht Stille; leer bleiben Kirchen und StĂĽhle.

Wenn Sie einen Gemeindebrief bekommen, dann lade ich Sie ein: Schauen Sie auf die ausgefallenen Konzerte, und denken Sie an die Musiker, die wir gewonnen hatten fĂĽr einen Auftritt. Sie haben sich vergeblich vorbereitet, haben umsonst geĂĽbt und mĂĽssen damit rechnen, dass sie fianzielle EinbuĂźen erleben. Diese musikalischen Gäste sind ein kleiner Teil jener groĂźen Menge an Freiberuflern in unserer Gesellschaft, die ihren Unterhalt von solchen Verpflichtungen bestreiten. Die Corona-Krise stellt fĂĽr sie eine doppelte Krise dar: Neben den gesundheitlichen Gefahren drohen nun auch wirtschaftliche Probleme in der kommenden Zeit. Und niemand weiĂź, wie lange es dauern wird. Unsere Phantasie und Solidarität ist gefragt, dass wir die KĂĽnstler nicht verlieren. Das Singen und Musizieren ist eine BrĂĽcke des Glaubens. „Wer singt, betet doppelt.“ hat der Kirchenvater Aurelius Augustinus gesagt. Wenn ich heute abend beim Glockenläuten bete, dann will ich heute besonders fĂĽr die Menschen bitten, die mir durch Musik das Beten leichter machen. Sie sollen nicht vergessen werden.

Bitte beachten Sie auch die Geburtstagsliste im Gemeindebrief. Viele Menschen hatten danach gefragt. Nun erscheinen unsere Jubilare wieder auf einer Extra – Seite. Auch sie seien Ihrer FĂĽrbitte empfohlen, in diesen Wochen ganz besonders, denn die alten Menschen unserer Gemeinde gehören samt und sonders zur Hoch-Risiko-Gruppe in Zeiten der Corona-Krise.

 

26. März 2020, Donnerstag

Diese Woche wäre voller Termine gewesen; alles ist ausgefallen.

In Gedanken bin ich bei den Konfirmanden und ihren Familien. Noch steht der Konfirmationstermin im Raum: 3. Mai. Wahrscheinlich werden wir ihn nicht einhalten können. Das ist allen einsichtig. Aber wer wagt, einen neuen Termin zu nennen? Das überschreitet unsere derzeitigen Möglichkeiten.

Mit den Senioren am Markt hatte ich mich vereinbart. Der Kreis ist klein geworden. Ein treu organisierter Fahrdienst bietet alle Bequemlichkeiten, das Gemeindehaus am Markt zu erreichen. Nur wenige sind´s, die ihn nutzen. Zur Zeit natĂĽrlich niemand. Der Kreis fand ja auch nicht statt. Nun denke ich an die Teilnehmerinnen, denen die Gelegenheit genommen wurde zur Begegnung, zum Austausch und zur Stärkung an Leib und Seele. Ihr Wort ist mir im Ohr: „Wir wollen eine Andacht. Ohne biblische Besinnung fehlt uns das Wichtigste.“

Der Kirchenvorstand hat nun auch – nicht – getagt. Wahlen fanden keine statt. BeschlĂĽsse wurden nicht gefasst. Ein Protokoll ist unnötig. Wie lange soll es so weitergehen? Wieviel Auszeit können wir uns leisten?

Die Antwort ist ja nicht bei uns selber begrĂĽndet, sondern sie steckt in dem Verlauf der ansteckenden Krankheit. Wir sind gewiss, dass diese Abstinenz richtig ist. Das Vermeiden von leibhaftigen Begegnungen mindert die Gefahren.

Auf der anderen Seite leben wir in der Gewissheit: Unsere geistlichen Dimensionen sind von größerer Natur. Der Rückzug ins Innere eröffnet andere Einsichten. So schmerzhaft es ist, wenn wir uns nicht regelmäßig sehen, so liegen auch Chancen für ein geistliches Wachstum in der Abgeschiedenheit und in der Stille.

Das Schiff, das sich Gemeinde nennt, ist derzeit auf Grund gelaufen. Sammeln wir in der Ebbe unserer Veranstaltungen eine Hoffnung und den neuen Mut, um unseren Kahn bei der nächsten Flut flott zu machen und weiter zu segeln!

 

25. März 2020

Heute ist Mittwoch. Und es ist Passions-Zeit.

Auf die Andachten in der Passionszeit hatte ich mich gefreut: Mittwochs abends in der Kirche. Zeit zur Sammlung, Gelegenheit zum Hören. Orgelmusik; Stille; Gesang. „O Lamm Gottes unschuldig“. Das alte Lied zur Passionszeit wäre vielleicht dabei gewesen. Heute singen wir es nicht. Die Kirche bleibt zu. Dabei sind unsere aktuellen Gedanken ganz nah dran an der Vorstellung von Unschulds-Lämmern. Wir hören von den sprunghaft steigenden Infektionszahlen. Wir lesen von der wachsenden Todesrate. Unfassbar die Nachricht aus Indien, dass 1,3 Milliarden Menschen zu hause bleiben mĂĽssen. Das sprengt mein Vorstellungsvermögen. Aber selbst in unserem ĂĽberschaubaren, stabilen, leistungsfähigem Umfeld sind neue Verhältnisse eingetreten, die uns vor 14 Tagen noch undenkbar waren. In Gedanken gehe ich durch die Flure unserer Seniorenheime: Schwestern und Pfleger in emsigen Einsatz, dabei hoch gefährdet. Bewohnerinnen und Bewohner ohne Kontakte und ohne Besuch. Es ist Passionszeit in einer anderen Dimension. Wie gerne wĂĽrde ich im Gottesdienst die Leiden dieser Zeit an den leidenden Christus herantragen! Ich muss mich zurĂĽcknehmen mit diesem Wunsch, und meine Gebete will ich sprechen zur Zeit des Mittags- und des Abendläutens, wenn die Glocken in der Stadt zum Innehalten rufen und wir mit Kerzen in den Fenstern ein Zeichen setzen: Die Passionszeit fällt nicht aus, wahrhaftig nicht! Mit den Menschen und fĂĽr die Menschen, die unverschuldet ins ELend geraten sind, will ich aufschauen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, von dem das alte Lied singt: „All SĂĽnd´ hast du getragen, sonst mĂĽssten wir verzagen. Erbarm dich unser, o Jesu!“

 

24. März 2020, Dienstag

Meine Frau hat schon frĂĽh gesagt:

„Du musst jetzt neue Wege beschreiten, um in Kontakt mit der Gemeinde zu bleiben. Denn das ist deine Aufgabe: Nahe bei den Menschen sein, trösten und Nähe anbieten!“

Jetzt, eine Woche nach den drastischen Einschnitten, melde ich mich hier zu Wort. Ein persönliches Angebot kann ich Ihnen machen: Wenn Ihnen danach ist, mit Ihrem Seelsorger zu reden, dann scheuen Sie sich nicht, mich zu kontaktieren. Die Festnetznummer ist bekannt: 35 0 10. Aber auch das Handy ist bereit: 01522 95 96 451. Da können Sie mich hören, bzw. sehen mit FaceTime etc.

Aber Sie können auch etwas von mir lesen, nämlich meine Freude über die vielen neuen  Wege, auf denen wir Gemeinschaft und Glauben und Kirche gestalten. Das abendliche Läuten mit den Kerzen im Fenster ist ein schönes Zeichen dafür. Über noch mehr Aktivitäten will ich demnächst ebenfalls schreiben.

FĂĽr heute ermutigt mich ein Wort aus der Bibel: „Darum hören wir nicht auf, fĂĽr euch zu beten…“

Dies ist die wichtigste Arbeit, die ein Pastor leisten kann.

Bleiben Sie Gott befohlen!

 

18. März 2020, Mittwoch

Die Ausbreitung des Corona-Virus stellt uns alle vor groĂźe Herausforderungen.
Auf Empfehlung der Landeskirche werden bis zum 30. April alle Gemeindeveranstaltungen abgesagt.  Das bedeutet, dass der Konfirmandenunterricht, die Seniorenkreise, der Besuchskreis, die Jugendgruppen sowie die Proben von Kirchenchören und Posaunenchor nicht stattfinden. Auch das Teestübchen und das Jugendcafé „Space“ bleiben geschlossen.
Die Senioren werden zu ihrem Geburtstag nur auf ausdrĂĽcklichen Wunsch besucht. Sie erhalten einen schriftlichen oder fernmĂĽndlichen GeburtstagsgruĂź.
Bis zum 19. April finden auch keine Gottesdienste statt. Sonntags um 11.00 Uhr ist ein Gottesdienst der Lippischen Landeskirche im Live-Stream zu sehen (www.kirche.plus).
Für hilfebedürftige Personen möchten wir einen Unterstützungsdienst einrichten, z. B. um dringende Einkäufe zu erledigen.
Wenn Sie selbst Hilfe leisten können oder Hilfe in Anspruch nehmen möchten, melden Sie sich bitte in unserem Gemeindebüro 05231 – 93 88 30
Wir bemĂĽhen uns, diese Information dem jeweils aktuellen Stand anzupassen.

Ihre Pastorin Mareike Lesemann, Ihr Pastor Burkhard Krebber